Neue Deutsche Biographie -Auszug zu Rachmann -Glasfabrikanten
Auszug aus Neue Deutsche Biographie, Band 21 (2003), S. 78
herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften; erscheint im Verlag Duncker & Humblot
http://www.ndb.badw.de
R0130
Rachmann, Glasfabrikanten. (kath.)
1876 gründete Wilhelm (1846-1916) mit seinem Bruder Heinrich in Langenau (Böhmen) die Firma „Brüder Rachmann“ für Glasraffinierung und -handel, die 1884 nach Haida, dem Mittelpunkt des böhm. Glashandels, verlegt wurde. Im selben Jahr errichteten die Brüder eine Verkaufsstelle in Berlin und betrieben dort auch die (später nach Haida verlegte) Fabrikation von Metallwaren, die zur Montierung von Glasartikeln, besonders für kunstgewerbliche Erzeugnisse des Jugendstils dienten. Diese Spezialität wurde von der Firma als erste im dt.-österr. Raum eingeführt und hatte technischen und stilistischen Modellcharakter für andere Glasfirmen, u. a. für das auf diesem Gebiet besonders erfolgreiche Unternehmen „Lötz Witwe“ in Klostermühle (Böhmerwald). Das Produktionsprogramm umfaßte Parfümzerstäuber und Toilettengarnituren in geschliffener, gravierter, bemalter und mit Rot-, Gelb- und Schwarzätze veredelter Form, dazu kamen Artikel aus Kristall- und Farbglas, die z. T. in den vielen Heimwerkstätten des Haida-Steinschönauer Glasgebiets raffiniert wurden. Das Unternehmen unterhielt Verkaufsstellen in Wien für den Absatz in Österreich und auf dem Balkan, in Berlin und Leipzig für Mittel- und in Paris für Westeuropa. Nach den Gründern übernahmen die Söhne Wilhelm (1882-1943) und Bruno (1885-1938) die Firma und erweiterten die Produktionsanlagen durch den Ankauf von Hütten- und Raffinierungsbetrieben. 1932 erfolgte eine Teilung: Wilhelm behielt die Metallwerke, die sich zu einem bedeutenden Industrieunternehmen entwickelten und nach 1945 von der „Aktiengesellschaft vormals Škodawerke in Pilsen“ übernommen wurden, während Bruno das Glaserzeugungsprogramm weiterführte und 1936 einen eigenen Metallverarbeitungsbetrieb für montierte Glaswaren errichtete. Nach seinem Tod leitete bis 1945 die Witwe in Erbengemeinschaft mit ihren vier Töchtern den Betrieb. Die Erzeugnisse, die bis zum Beginn des 2. Weltkriegs das hohe Qualitätsniveau hielten, wurden auf Glasfach- und Weltausstellungen vielfach ausgezeichnet (London 1891, Chicago 1893, Antwerpen 1894, Atlanta 1895, Nashville 1897, Paris 1900, Glasgow 1901, Bologna 1902, St. Louis 1904, Portland 1905, Brüssel 1910, Wien 1897 u. 1910, Dresden 1911). Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Betrieb entschädigungslos enteignet, die Inhaberfamilie vertrieben.
Quellen: L J. Sieber, Gesch. d. Stadt Haida, 1913, bes. S. 157; G. Höltl (Hg.), Das böhm. Glas 1700-1950, VI., o. J., S. 78, 90 f.; ÖBL; Biogr. Lex. Böhmen. Kurt Pittrof
herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften; erscheint im Verlag Duncker & Humblot
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Rachmann, Glasfabrikanten. (kath.)
1876 gründete Wilhelm (1846-1916) mit seinem Bruder Heinrich in Langenau (Böhmen) die Firma „Brüder Rachmann“ für Glasraffinierung und -handel, die 1884 nach Haida, dem Mittelpunkt des böhm. Glashandels, verlegt wurde. Im selben Jahr errichteten die Brüder eine Verkaufsstelle in Berlin und betrieben dort auch die (später nach Haida verlegte) Fabrikation von Metallwaren, die zur Montierung von Glasartikeln, besonders für kunstgewerbliche Erzeugnisse des Jugendstils dienten. Diese Spezialität wurde von der Firma als erste im dt.-österr. Raum eingeführt und hatte technischen und stilistischen Modellcharakter für andere Glasfirmen, u. a. für das auf diesem Gebiet besonders erfolgreiche Unternehmen „Lötz Witwe“ in Klostermühle (Böhmerwald). Das Produktionsprogramm umfaßte Parfümzerstäuber und Toilettengarnituren in geschliffener, gravierter, bemalter und mit Rot-, Gelb- und Schwarzätze veredelter Form, dazu kamen Artikel aus Kristall- und Farbglas, die z. T. in den vielen Heimwerkstätten des Haida-Steinschönauer Glasgebiets raffiniert wurden. Das Unternehmen unterhielt Verkaufsstellen in Wien für den Absatz in Österreich und auf dem Balkan, in Berlin und Leipzig für Mittel- und in Paris für Westeuropa. Nach den Gründern übernahmen die Söhne Wilhelm (1882-1943) und Bruno (1885-1938) die Firma und erweiterten die Produktionsanlagen durch den Ankauf von Hütten- und Raffinierungsbetrieben. 1932 erfolgte eine Teilung: Wilhelm behielt die Metallwerke, die sich zu einem bedeutenden Industrieunternehmen entwickelten und nach 1945 von der „Aktiengesellschaft vormals Škodawerke in Pilsen“ übernommen wurden, während Bruno das Glaserzeugungsprogramm weiterführte und 1936 einen eigenen Metallverarbeitungsbetrieb für montierte Glaswaren errichtete. Nach seinem Tod leitete bis 1945 die Witwe in Erbengemeinschaft mit ihren vier Töchtern den Betrieb. Die Erzeugnisse, die bis zum Beginn des 2. Weltkriegs das hohe Qualitätsniveau hielten, wurden auf Glasfach- und Weltausstellungen vielfach ausgezeichnet (London 1891, Chicago 1893, Antwerpen 1894, Atlanta 1895, Nashville 1897, Paris 1900, Glasgow 1901, Bologna 1902, St. Louis 1904, Portland 1905, Brüssel 1910, Wien 1897 u. 1910, Dresden 1911). Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Betrieb entschädigungslos enteignet, die Inhaberfamilie vertrieben.
Quellen: L J. Sieber, Gesch. d. Stadt Haida, 1913, bes. S. 157; G. Höltl (Hg.), Das böhm. Glas 1700-1950, VI., o. J., S. 78, 90 f.; ÖBL; Biogr. Lex. Böhmen. Kurt Pittrof
2 Comments:
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